Harry Baus

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Harry Baus
Pädagoge

Sein Ziel ist Chancengleichheit, die es seiner Ansicht nach bisher eigentlich „in einer Welt, deren Werte von nicht behinderten Menschen geprägt sind“, nicht geben kann. Harry Baus hatte eine utopische Idee: In einer Baulücke der Uni Bochum, einer gigantischen Betonwüste, sollte eine einzigartige Beratungsstelle für behinderte Studierende entstehen – Baukosten allein 850 000 DM. Das „SZB“ (Servicezentrum für behinderte Studierende) steht – mit Computerarbeitsraum, Teeküche, IBS-Raum (Interessengemeinschaft behinderter Studierender), Konferenzzimmer und Arbeitsplätzen für eine Beratung von und für Betroffene.
So etwas hätten ihm seine Eltern, der Vater Kraftfahrer, die Mutter Hausfrau, früher wohl nicht zugetraut. Harry Baus wurde am 9. Mai 1955 im hessischen Schlüchtern-Hohenzell mit Osteogenesis Imperfekta („Glasknochen“) geboren. Mit eineinhalb Jahren landet er das erste Mal im Krankenhaus. Sein Temperament lässt ihn bis heute selten lange still halten, führt ihn später zum Rollstuhlbasketball. Doch vorerst kann er noch laufen, besucht eine Dorfschule, wechselt auf eine Mittelpunktschule, doch das „Geschubse“ auf dem großen Schulhof ist nichts für ihn. Vitaminspritzen und Blockflötenunterricht, doch auch immer wieder Knochenbrüche und Gipsbett, die ihm drei Jahre Fehlzeit einbringen, gehören zu seinem Alltag. Mit 13 braucht er einen Rolli.
Schließlich kommt er ins Internat für körperbehinderte Schüler in Hessisch Lichtenau („Heli“). Tagsüber werden sie mit Bussen in die städtische Realschule gefahren. Harry wohnt mit zwei Jungs aus seiner Klasse in einer Erdgeschoss-Bude, die Mädchen sind im ersten Stock. Es gefällt ihm dort, er findet zum Sport, bewundert ältere Jungs mit ihrem „Piratensender“, macht seinen Abschluss, schließlich auch das Abi.
Er engagiert sich schon in Heli im Jugendzentrum und bei den Jusos. Führerschein und Auto bringen Freiheiten und neue Perspektiven. Er beginnt mit einem Sonderpädagogik-Studium in Gießen, wechselt schließlich nach Dortmund. Dort trifft er auf eine Selbsthilfegruppe, mit der er sich in der ab dem einschlägigen UNO-Jahr 1981 erwachenden Behindertenbewegung engagiert. Am Herzen liegt ihm der „freiwillige Hochschulsport“ in Bochum, bei dem erstmals Nicht-Behinderte z.B. im Rollibasketball integriert werden. Dort berät er zuerst in einem Wohnheim für behinderte und nicht-behinderte Studierende, dann auf dem Campus, schließlich im SZB.
1994 heiratet er Nadja. `93 wird Merlin geboren, `95 Valentin, der offenbar nicht nur die Behinderung, sondern auch das Temperament seines Vaters geerbt hat. Fußballtalent Merlin hingegen wächst so selbstverständlich mit dem Thema Behinderung auf, dass er mit drei Jahren seinen eigenen Rollstuhl haben will. Die Familie lebt in einer Bochumer Parterrewohnung mit Garten.